Geschichte erhalten und gestalten. Von der Entwicklung einer ortsgeschichtlich prägenden Weberei zu einem attraktiven Wohnquartier.
Ein Industriedenkmal im Wandel
Grußwort von Herrn Bürgermeister Hillert
Textilindustrie schrieb in Dettingen an der Erms Geschichte. Sie lässt sich in der Fabrikstraße am weitläufigen Gebäudekomplex der ehemaligen Eisenlohrschen Fabrik noch hervorragend ablesen. Das Langhaus mit seinen eindrucksvollen Risaliten, der weithin sichtbare Kamin: Sie prägen den Bereich entlang der Erms und erinnern mit ihrer herausragenden Architektur an die einstige Bedeutung der Textilindustrie für die Entwicklung unserer Gemeinde. Wir freuen uns, dass durch die Umnutzung der Industriebauten nicht nur Wohnraum geschaffen wird, sondern es gelingt, die orts- und wirtschaftsgeschichtlich bedeutende Gebäudestruktur als Ganzes weitgehend zu erhalten.
Die Bauarbeiten schreiten zügig voran. Das durch den Brand stark in Mitleidenschaft gezogene Langhaus ist bereits teilweise wieder abgerüstet. Es lässt sich erahnen, wie die Gebäude mit neuem Leben gefüllt werden. Der ursprüngliche Charme der Industriearchitektur wird sich in der ehemaligen Heizzentrale erleben lassen: Fenster, Wandputze und auch Türen werden hier im Original erhalten und restauriert und der markante Kamin dient künftig wieder seinem eigentlichen Zweck: Er wird Teil der modernen Heizungsanlage.
Die Umnutzung der Eisenlohrschen Fabrik zu Wohnzwecken ist der Leuchtturm der städtebaulichen Erneuerungsmaßname „Ortsmitte III“. Mit der finanziellen Förderung aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz gelingt hier im Großen, was bereits bei vielen kleinen privaten Vorhaben in der Dettinger Ortsmitte gelungen ist: Hochwertigen Wohnraum zu schaffen und einen lebendigen Ortskern zu gestalten.
Eine Besichtigung der Baustelle am Tag der Städtebauförderung am 8. Mai 2021 ist leider nicht möglich. Machen Sie sich daher auf diesen Seiten ein Bild vom Fortgang der Baumaßnahmen und der Wandlung von der Weberei zur Wohnnutzung.
Ich wünsche Ihnen interessante Einblicke!
Michael Hillert
Bürgermeister
Das Projekt Eisenloher Weberei ist Teil der städtebaulichen Erneuerungsmaßnahme „Ortsmitte III“ in Dettingen an der Erms. Es wird mit Mitteln des Bundes und des Landes Baden-Württemberg im Programm Städtebaulicher Denkmalschutz West gefördert.
Die Eisenlohr’sche Weberei damals und heute
Ein Industriedenkmal im Wandel
Die ehemalige Eisenloher Weberei liegt idyllisch direkt an der Erms. Bei einem Blick auf die alten Gemäuer aus dem 19. Jahrhundert fällt die Vorstellung leicht, wie das alte Fabrikgebäude früher den Lebensunterhalt von hunderten Familien in Dettingen an der Erms sicher stellte. Als Weberei sind die Gebäude der alten Fabrikanlage heute nicht mehr nutzbar. Umso schöner ist es, dass die alten Gemäuer dafür in Zukunft für viele Menschen ein zu Hause sein werden. Diese neue Nutzung ermöglicht es, ein Stückchen Gemeindegeschichte von Dettingen langfristig zu erhalten.
Die besonders historischen Elemente wie Klinkerfassaden, der Schornstein und Teile des Sheddaches bleiben weitestgehend erhalten. Äußerlich lassen nur neue Balkone, Terrassen und Laubengänge auf die Wandlung des Gebäudes schließen. Die repräsentative Architektur und die historische Bausubstanz, selbst die Uhr zwischen Langhaus und Shedhalle, bleiben erhalten.
Gestaltete und begrünte Außenräume mit Spiel- und Erholungsflächen ergänzen das Wohnquartier. Ein Highlight ist das alte Kesselhaus, das als Gemeinschaftshaus dient und durch einen außenliegenden Gemeinschaftsbereich im Innenhof ergänzt wird, der viele Möglichkeiten des Zusammenlebens bietet. Stufenweise ansteigende Sitzreihen, wie in einem Amphitheater, laden zum Verweilen ein.
Mit der Geschichte verbunden
Die Eisenlohr’sche Weberei in Dettingen an der Erms ist ein Zeugnis der vergangenen Industriekultur. 1865 gründete die Reutlinger Firma G. M. Eisenlohr die Weberei. Es entstand ein Gebäude mit drei Arbeitssälen. 1868 und 1885 folgten weitere Ergänzungen. Wo einst mehr als 500 Webstühle standen und hunderte Arbeiter hochwertige Stoffe für die Damen- und Herrenbekleidung herstellten, entstehen nun unter Wahrung des historischen Erscheinungsbilds der ehemaligen Weberei, Wohnungen mit einer Größe zwischen 40 und 200 Quadratmetern.
Die Entwicklung der Eisenloher Weberei:
- 1865 Gründung und Bau der ersten Gebäude der Firma G.M. Eisenlohr in der Fabrikstraße. In den Folgejahren wurden die Gebäude erweitert bis das Unternehmen über verschiedene Standorte in Dettingen verteilt ca. 900 Personen einen Arbeitsplatz bot.
- Die Globalisierung führte für die meisten deutschen Textilfirmen zu einem Ende, so auch für die Firma Eisenlohr 1992.
- Zum Ende des 20. Jahrhunderts bis 2013 diente die ehemalige Weberei der Firma Uniplast als Produktionsstätte für deren Jogurtbecher, bis für das Unternehmen die Wachstumsgrenzen in dem alten Fabrikgebäude erreicht waren.
- Als Fabrikgelände nicht mehr geeignet, begann für die Gemeinde Dettingen die Suche nach einer neuen Nutzung für das gemeindehistorisch prägende Areal. In diesem Zuge wurde die Eisenlohr’sche Weberei zum Zentrum des Sanierungsgebiets III, das im Rahmen der Städtebauförderung unterstützt wird.
- Nach dem Verkauf der Immobilie an eine private Investorengemeinschaft, machte sich das Team um die Greilich und Partner Baumanagement GmbH 2015 auf, um die gesammelten Ideen und die damit verbundene Planung der Umwidmung zu einem neuen Wohnquartier umzusetzen. Es beginnen aufwendige Abstimmungen mit dem Denkmalamt, der Bauantrag wird eingereicht und die zu realisierenden Eigentumswohnungen für den Vertrieb vorbereitet.
- Mai 2016: Das kurz vor der Umsetzung stehende Projekt fällt einem Großbrand zum Opfer. Der komplette Dachstuhl des Langhauses steht in Flammen und bricht ein.
- 2017 bis 2018: Nach der ersten Schadensbeseitigung und dem Aufbau eines Notdachs zur Sicherung des Gebäudes beginnen umfangreiche Abstimmungen mit der Versicherung und dem Denkmalamt. Im Zuge der Ausführungsplanung und nach unzähligen Gutachten kommt die Obere Denkmalschutzbehörde zu dem Ergebnis, dass sie den Denkmalstatus aufgrund des hohen Substanzverlustes nach dem Brand nicht sicher als erhalten ansehen kann.
- 2019 bis 2021: Das Projekt kann endlich als Sanierungsprojekt in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, dem Bauamt der Gemeinde Dettingen, umgesetzt werden.
Ein neues Wohnquartier mit 67 Wohneinheiten
Aktuell entstehen in der ehemaligen Eisenloher Weberei 67 Wohneinheiten zwischen 40 und 200 qm. Während insbesondere bei der äußerlichen Gestaltung auf den Erhalt des historischen Charmes geachtet wird, entstehen im Inneren Wohnungen in der Qualität eines Neubaustandards. Die Wohnungen im Langhaus werden durch einen Laubengang auf der nördlichen Seite erschlossen und erhalten soweit möglich auf der Südseite einen Balkon oder eine Terrasse. In der Shedhalle kommen große Wohnungen mit 4 bis 5 Zimmern unter. Im Erdgeschoss handelt es sich um interessante Wohnungsgrundrisse mit einem Lichthof als Terrasse in der Mitte. Im Obergeschoss entsteht etwas zurückversetzt, damit ein Teil des Sheddaches erhalten bleiben kann, ein Neubau mit vier Wohnungen.
Aus der ehemaligen Werkstatt werden zwei Doppelhaushälften. Im Querhaus entstehen vier großzügige Wohnungen, teilweise mit Galerie.
Die Stellplätze kommen teilweise als Außenstellplätze, teilweise in der neu errichteten Tiefgarage unter.